Mittwoch, 27. Februar 2013

Neyrinck V-Control Pro: Virtuelles Mischpult im DIN A4 Format


Dass Tablet-gestützte DAW-Controller auf dem Vormarsch sind, sollte niemandem verborgen geblieben sein. Immer mehr Hersteller entwickeln Apps, die zum einen preisgünstige Alternativen zu Hardware-Controllern bieten, zum anderen diese unter Umständen auch gänzlich ersetzen könnten.

V-Control ist eine solche App. Mit gerade mal 7,5 Megabyte Speicherbedarf lässt sich die Vollversion des universalen DAW-Controllers zur Zeit für 39,99€ im Apple-Appstore erwerben. Nicht gerade ein Schnäppchen in einem Direktvergleich mit ernstzunehmenden Controllern wie beispielsweise Mackie Unviersal Control Pro, Icon Q-Con oder SSL Nucleus, aber mehr als verlockend. 


Zum Vergleich: Mackie Universal Control Pro. Quelle: www.mackie.com


Mit dem Erwerb der App und der Installation auf dem iPad ist es allerdings noch nicht getan. Neyrinck nutzt nämlich WiFi um eine Synchronisation zwischen Controller und DAW zu ermöglichen. Für diese Synchronisation wird noch ein Bindeglied benötigt, welches auf der DAW installiert werden muss. Dieses Tool heisst „Ney-Fi“, ist kostenlos und kann auf der Neyrinck-Homepage heruntergeladen werden, allerdings muss man sich für den Download mit einer gültigen eMail-Adresse registrieren lassen. Das schmälert ein wenig die Freude, denn der Grund, warum daraufhin Spam-Ordner immer prall gefüllt sind, mag irgendwo hier seinen Ursprung haben.

Nach der Installation von „Ney-Fi“ stehen nun wirklich alle Systeme auf „go“ und V-Control kann gestartet werden.
Der Controller wird in der Regel erkannt, generell ist eine automatische Installation seitens des Sequenzers zu empfehlen. iPad und DAW laufen dann synchron, so dass man lediglich die Auswahl treffen muss mit welchem Sequenzer gearbeitet werden soll.
Über das Einstellungsmenü lassen sich alle gängigen Sequenzer auswählen. V-Control passt sich dabei optisch dem ausgewählten Sequenzer an und versucht sich damit komplett ins System zu integrieren.
Ansicht im Pro Tools Modus. Quelle: www.neyrinck.com
Die Übersicht bleibt trotz einer Fülle an Informationen, die auf den Nutzer einwirken, größtenteils erhalten. Dann geht V-Control noch einen Schritt weiter: über das Editierfenster lassen sich zumindest in der Version 1.7 kleinere Manipulationen und Editierfunktionen durchführen. Ob diese Funktion sinnvoll ist und unbedingt eingesetzt werden muss, sollte jeder für sich entscheiden. Auflösung und Detailtreue sind für saubere Schnitte eher ungeeignet.





Anwender, die sich lediglich die Controlling-Eigenschaften zu Nutze machen wollen, haben mehr Freude daran. Mit 8 gleichzeitig bedienbaren Faderpacks sind zumeist kleine Produktionen gut und übersichtlich durchführbar. Bei größeren Projekten muss man sich, wie bei Hardware-Controllern im Übrigen auch, auf die gewünschte Ebene „wischen“ um Einstellungen zu ändern.
Es dauert ein wenig bis man sich an seinen neuen Helfer gewöhnt hat. Nach einer gewissen Zeit fällt aber schon auf, dass Tastatur und Maus immer seltener zum Einsatz kommen.
Einen großen Vorteil beinhaltet auch die kabellose Verbindung. Die DAW lässt sich aus jeder Position innerhalb des WLAN-Empfangbereiches fernsteuern. Das ist praktisch, zumal man seinen Mix nun aus allen erdenklichen Positionen abhören und auch erstellen kann.


Praktisch: Sogar Plug-Ins lassen sich steuern.


Eine schöne Erweiterung wäre noch die Möglichkeit mehrere Geräte kaskadiert zu betreiben, andrerseits muss man sich spätestens dann die Frage stellen, wie viele iPads der Mensch wirklich braucht. Denn spätestens mit dem Neuerwerb eines zweiten oder dritten Geräts bewegt man sich in das preisliche Niveau legendärer Controller, die zusätzlich zur Funktionalität auch in Sachen Haptik eine gute Figur machen.

rf@æ

Dienstag, 26. Februar 2013

CD-Review "Swallow The Sun - Emerald Forest And The Blackbird"

 
Quelle: Swallow The Sun
Nach etwa 3 Jahren Abstinenz melden sich Swallow the Sun 2012 mit ihrem fünften Album „Emerald Forest And The Blackbird“ zurück. Liebhabern und Kennern des melodischen Doom/Death Metal muss die finnische Band rund um Gitarrist Juha Raivio nicht mehr vorgestellt werden, erfreuen sie sich doch einer stetig wachsenden Zuhörerschaft in Metal-Kreisen. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an dieses Album.

Der Albumtitel verheisst schon mal Gutes und so lauscht man gespannt dem gleichnamigen ersten Titel, der zunächst aus einer Kulisse aus recht schwer zu definierenden Geräuschen besteht (mich erinnert es ein wenig an prasselnden Regen) und traurig anmutendem Frauengesang. Als dann explosionsartig die Formation einsetzt, gibt es kein Halten mehr. Beinahe 10 Minuten stimmt uns der erste Track in DIE düstere Stimmung ein, die man von dieser Band erwartet, schätzt und uns noch über die gesamte Länge des Albums begleiten soll.
Der zweite Titel „This Cut Is The Deepest“ geht dann etwas gefühlvoller vonstatten. Verträumt und eher entspannt bietet er einen schönen Kontrast zum darauffolgenden „Hate Lead The Way“ an. Dieser erinnert stark an die Anfänge der Band und der Zeit um 2001-2003. Kraftvoll, fast brutal kommt er daher und unterstreicht nochmal warum sich diese Band nicht in eine Nische stecken lässt. Sänger Mikko Kotamäki offenbart dabei seine Wurzeln im finnschen Death-Metal.
Mit „Cathedral Walls“ befinden wir uns auch schon bei der Single-Auskopplung. Düster, melancholisch und verträumt geht man hier der Frage „Where do we go from here?“ nach. Unterstützt wird die depressive Stimmung durch den engelhaften anmutenden Gesang von Anette Olzon (ehem. Nighwish) und luftigen Gitarren-Leads. Auch hier lässt es sich die Band nicht nehmen einen gebührlichen Headbanger-Teil unterzubringen. Insgesamt eine schöne Mischung, die zu keiner Zeit Gefahr läuft kitschig oder unglaubwürdig zu wirken. 


Swallow The Sun, Quelle: www.fanart.tv

Halbzeit im Album: „Hearts Wide Shut“ ist wieder unverkennbar Swallow The Sun. Während die erste Hälfte des Songs eine Ballade vermuten lässt, gibt es ab der magischen Grenze von 3:40 wieder gewöhnlich Gutes von der Band zu hören, ehe es in einen düsteren und langsamen Doom-Teil übergeht, um schließlich ähnlich unspektakulär zu enden wie er begonnen hat. Eine schöne Leistung!
Weiter geht es mit „Silent Towers“ und damit endlich einer Ballade. Dass diese Band auch „anders“ gut kann, demonstrierten sie einst mit „New Moon“ (2009). An den richtigen Stellen bieten derartige Kompositionen eine willkommene Abwechslung und die Zeit zum Durchatmen.
Und das sollte man in diesem Fall auch nutzen, schließlich brauch man seine gesamte Energie für den darauffolgenden Titel „Labyrinth Of London (Horror) Pt. 4“.
Langjährigen Fans muss man „Horror Pt. 1 - 3“ nicht vorstellen. So gelingt es den Finnen bisher auf jedem Album einen dieser „Horror Parts“ unterzubringen. Dabei greifen sie die Thematik, die mit „Swallow (Horror) Pt. 1“ auf ihrem Debut-Album „The Morning Never Came“ (2003) begann, bisher in jedem Album sehr erfolgreich auf.
Nun aber zurück zu „Labyrinth Of London“. Hier zeigt Kai Hahto (Wintersun) warum er als einer der besten Schlagzeuger in der Metal-Szene gilt. Kraftvoll und doch verspielt gibt er dem Lied den nötigen Drive. Behandelt wird eine Thematik, die an „Jack the Ripper“ angelehnt ist; verwunschen, geheimnisvoll und auch wieder mal sehr düster. Damit reiht sich der siebte Titel zurecht und vermutlich mit dem Segen aller in die Ahnengalerie der „Horrors“ ein.

Mit „Death And Corruption“ rechnet man anfangs nicht. Durch Elemente und Einflüsse, die eher im technical-Death-Metal angesiedelt sind, will der Song nicht so recht auf diese Scheibe passen.
Zumindest zeigt Kai Hahto, dass er sich hier musikalisch absolut in seinem Element befindet.
Sakral anmutend kommt „April 14th“ daher. Eine Kirchenorgel unterstützt die kraftvollen ersten Riffs, ehe das Lied eine komplett unerwartete Wendung nimmt. Gedrückt und depressiv ist die Stimmung, die hier vermittelt werden soll. Ein Spinett greift ungefähr zur Hälfte des Songs die sakral, kirchliche Stimmung wieder auf, ehe Keyboarder Aleksi Munter und Sänger Mikko ein Duett aus Stimme und Klavier zum Besten geben. Mit Sicherheit ein Highlight dieser Scheibe!

„Night Will Forgive Us“ ist der letzte Titel des Albums. Die zentrale Frage „Did we make it through the night?“ ist ein passender Abschluss für ein wirklich gut konzeptioniertes und produziertes Album, das in Teilen bei „Drum Forest Studios“ und dem etwas bekannteren „Sonic Pump Studio“ in Helsinki entstanden ist.
Cover und Artwork verdienen, wie bei jeder Veröffentlichung dieser Band, gesondert betrachtet zu werden. Dahinter stecken offensichtlich viele Stunden Arbeit und so wächst Musik und Artwork zu einem Gesamtkunstwerk zusammen.
Mit „Emerald Forest And The Blackbird“ zeigen Swallow the Sun eine konsequente Weiterentwicklung auf, die aber keine Ideale oder Werte verletzt, die diese Band so unverzichtbar für das Subgenre Doom-Metal machen.

Absolut empfehlenswert!

rf@æ